Reisen am Limit
Mit rund 219 Millionen Passagieren im Jahr ist der Bahnhof Shanghai-Hongqiao in Ostchina einer der größten Bahnhöfe der Welt. Er gleicht einem Labyrinth, dessen Geheimnisse nur wenige kennen – Zhu Hongyan ist eine davon.
Besuch in einem der größten Bahnhöfe der Welt
Es sind noch zehn Minuten bis zur Abfahrt des Expresszugs nach Peking, als eine junge Frau auf Zhu Hongyan zustürzt. Der Zug fährt von Gleis acht, die Frau hat in der gewaltigen Halle die Orientierung verloren. Zhu zeigt ihr den Weg, begleitet die Frau ein paar Meter. Mit dem Koffer in der Hand rast die Frau auf die Ticketkontrolle zu und schafft es gerade, bevor die Türen schließen.
Zhu Hongyan ist eigentlich die stellvertretende Leiterin eines Reinigungsteams im Bahnhof Shanghai-Hongqiao. Doch ihr Beruf zwingt sie häufig zu improvisieren. Sie weist Passagieren den Weg. Sie hilft, wenn sie ihr Handy verloren haben oder auch, wenn sie ärztliche Hilfe brauchen. Ihr Job macht sie zu einer Managerin, die zwar für viele Augen unsichtbar ist. Aber gleichzeitig auch unverzichtbar für einen Bahnhof, der als einer der größten der Welt gilt.
Bis zu 45 Stunden im Zug
Jeden Tag begrüßt der Bahnhof Shanghai-Hongqiao rund 400.000 Reisende. Sie kommen aus ganz China, sprechen 300 unterschiedliche Sprachen und dazu lokale Dialekte. Die Fahrgäste reisen von dort quer durchs Land. In das rund 2.500 Kilometer entfernte Kunming dauert die Zugfahrt bis zu 36 Stunden. In das 4.000 Kilometer entfernte Urumtschi sind es 45 Stunden. Viele Reisende haben deshalb in Plastiktüten Lebensmittel für mehrere Tage verstaut. An Ständen gibt es lokale Spezialitäten: in Tee eingelegter Tofu, geröstete Chili-Erdnüsse und getrocknete Pflaumen. Dazu gezuckerter grüner Tee und Cola. Manchmal sind Züge bereits Tage zuvor ausverkauft. Passagiere kommen früh, um ihren Zug nicht zu verpassen, und schlafen dann lieber noch ein paar Stunden. Häufig mit dem Kopf auf ihren Koffern, mitten im Gewusel.
Sauberkeit an erster Stelle
„Voll ist es hier immer“, sagt Zhu. Die 40-Jährige trägt eine weiße Bluse, dazu eine blaue Hose. Ihre Haare sind akkurat hochgesteckt. Seit fünf Jahren arbeitet sie in dem Bahnhof im Westen der Millionenstadt. Anfangs sei das für sie nur irgendein Job gewesen. Heute empfindet sie ihn als ein besonderes Privileg. Viele Reisende würden ihre Kollegen und sie zwar kaum bemerken. Das ist für Zhu aber ein Zeichen dafür, dass sie ihre Arbeit gut macht. „Wenn es sauber ist, fühlen sich die Passagiere wohl“, sagt sie. Auch deshalb stünde Sauberkeit an erster Stelle.
Der Bahnhof ist ein komplexes System, dessen Takt Zhu versteht. Sie bewegt sich gezielt durch das Chaos. 30 Kollegen arbeiten pro Schicht in ihrem Team, das für die Stockwerke zwei und drei des dreistöckigen Gebäudes zuständig ist. Früher legte Zhu bis zu 50.000 Schritte am Tag zurück. Seit diesem Jahr hat ihr Arbeitgeber Huatie Lüfu Reinigungsmaschinen von Kärcher im Einsatz. Eine deutliche Vereinfachung für Zhu und ihr Team. So sind es heute nur noch 10.000 Schritte am Tag. Den Rest verbringt sie auf der B 250 R, einer Aufsitz-Scheuersaugmaschine, und dreht ihre Runden durch den kilometerlangen Bahnhof.
Maschinen sorgen für Sicherheit
Fast alle Reisenden haben Teeflaschen dabei, die man in den Toiletten und Zügen mit heißem Wasser auffüllen kann. Auch weil viele Passagiere lange Strecken vor sich haben, essen sie noch schnell, bevor es losgeht. Geht etwas daneben, mussten Zhu und ihr Team früher mit Eimer und Mopp losziehen. „Die Flächen trocknen aber zu langsam“, sagt sie. Passagiere mussten um die Stelle herumgeführt werden, sonst drohten Unfälle. Jetzt fahren sie mit ihren Maschinen über die verschmutzte Stelle, die danach sofort wieder trocken und begehbar ist.
Über Walkie-Talkie verständigt sich das Team darüber, wo es etwas zu tun gibt. Seit diesem Jahr sind mehr als 50 Maschinen von Kärcher dabei im Einsatz. Sie stehen an verschiedenen Sammelpunkten im Gebäude. Die kleinen Maschinen werden in China hergestellt, die großen kommen aus Deutschland. Dort ist Zhu noch nie gewesen. Aber das Land ist ihr dank seiner vielen Qualitätsprodukte ein Begriff. Deutschland heißt auf Chinesisch nicht ohne Grund „Land der Tugenden“.
Insgesamt 27 Aufsitz-Scheuersaugmaschinen von Kärcher sind am Bahnhof Shanghai-Hongqiao im Einsatz.
Darunter die BD 50 / 70 R Bp Pack Classic, die sich mit ihrem geringen Wendekreis besonders für die verwinkelten Bereiche des Bahnhofs eignet.
Und die B 250 R Bp, die auf den großflächigen Einsatz ausgelegt ist.
Ergänzt wird die Flotte der Aufsitzmaschinen durch einige handgeführte Scheuersaugmaschinen, ein Universal-Reinigungsgerät und einen Rolltreppenreiniger.
Ein weiteres Geheimnis, das nur Zhu kennt: ihr Büro. Der Weg dorthin erinnert an die Jungendromane um Harry Potter, in denen nur die Zauberer den Zugang zum Bahnsteig 9 ¾ kennen. Um in Zhus Büro zu kommen, muss der Besucher durch einen Spielzeugladen gehen, wo sich chinesische Kinderhelden auf den Regalen türmen. Hinter der Kasse ist eine fast unsichtbare Tür mit einem kleinen, silbernen Schlüsselloch. Mit dem richtigen Schlüssel öffnet sich dahinter ein Raum, den man von außen kaum erahnt. Darin: eine Couch, ein Schreibtisch, ein Kühlschrank und eine Mikrowelle. Es ist eine kleine Oase der Ruhe, in der die Mitarbeiter mittagessen können, Einsatzpläne besprechen und ihre Pause verbringen.
Die größte Völkerwanderung der Welt
Die stressigste Zeit im Jahr sind die Tage um das Frühlingsfest. Der chinesische Jahreswechsel wird im Frühjahr gefeiert. Dann machen sich bis zu 700 Millionen Menschen auf den Weg in ihren Heimatort – und die meisten nehmen den Zug. Das Fest gilt als die größte Völkerwanderung der Welt. Reisende sind beladen mit Geschenken. Wer es sich leisten kann, bringt seinen Eltern ein neues Handy aus der Stadt mit. Bauern transportieren ihre saftigsten Früchte zur Familie. Ganze Schweine werden verpackt und geschultert.
Für Zhu sind diese Tage nicht immer leicht. Die 40-Jährige lebt seit mehr als zehn Jahren in Shanghai. Gemeinsam mit ihrem Ehemann arbeitet sie für das Staatsunternehmen. Ihr Heimatort liegt in Anhui, einer Provinz einige hundert Kilometer entfernt. Zugezogene können ihre Kinder nur eingeschränkt in Shanghaier Schulen anmelden.
Deshalb lebt auch ihre Tochter bei den Großeltern. „Sie hat mich früher häufig gefragt, warum alle Eltern zum Frühlingsfest zurückkämen, aber ich nicht“, erzählt sie. Zhu zittert die Stimme, wenn sie sich daran erinnert. „Ich konnte aber dabei helfen, dass andere Kinder ihre Eltern sehen können“, sagt sie heute. Dass sie das auch stolz macht, sieht man daran, wie sie ihre Schultern dabei durchdrückt. Sie nickt bestimmt. Auch das sei eben ihr Beruf. Außerdem kann sie sich freinehmen, wenn das Frühlingsfest zu Ende geht und es wieder ruhiger wird. Dann steigt Zhu mit ihrem Ehemann in den Zug nach Hause – natürlich am Bahnhof Shanghai-Hongqiao.
5 SHANGHAI-FAKTEN
- Mit über 23 Millionen Einwohnern gilt Shanghai als drittgrößte Stadt der Welt.
- Zahlreiche Universitäten, Museen und Forschungseinrichtungen machen die Metropole zu einem bedeutenden Kultur- und Bildungszentrum.
- Als regierungsunmittelbare Stadt hat Shanghai den Status einer Provinz und ist direkt der chinesischen Zentralregierung unterstellt.
- Ihr Hafen ist der größte Containerumschlagplatz der Welt.
- Die ausgezeichnete Verkehrsanbindung der Stadt hat maßgeblich zu ihrem starken wirtschaftlichen Erfolg beigetragen.